Berufsunfähigkeit: ist die staatliche Absicherung ausreichend?

Nachdem die staatliche Absicherung gegen eine Berufsunfähigkeit vollständig gegen die „Erwerbsminderungsrente“ ersetzt wurde und große Leistungslücken hinterlassen hat, sollte eine private Vorsorge bei jedem berufstätigen Menschen im Vordergrund stehen.

Berufsunfähige müssen sich auf alle Tätigkeiten einlassen

Im Jahr 2001 wurde die gesetzliche Berufs- und Erwerbunfähigkeitsrente im Zuge der Reform der gesetzlichen Rentenversicherung neu aufgelegt. Geändert haben sich sowohl die Bedingungen wie auch die Leistungen – mit gravierenden Folgen für gesetzlich Versicherte. Ab diesem Zeitpunkt wurde die gesetzliche Berufsunfähigkeitsversicherung für die Menschen, die nach dem 1. Januar 1961 geboren sind, faktisch abgeschafft.

Die neue staatliche Absicherung für den Fall einer Berufsunfähigkeit ist lediglich eine einheitliche, zweistufige Erwerbsminderungsrente mit stark reduzierten Leistungen. Diese Rente ersetzt die frühere Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente. Nicht länger berücksichtigt wird, welche berufliche Tätigkeit der Berufsunfähige bisher erlernt sowie ausgeübt hat und welchen beruflichen Status er besaß.

Dies bedeutet, dass Betroffene nahezu jede Tätigkeit annehmen müssen, ganz egal, welche berufliche Qualifikation erreicht wurde. Liegt Ihr Geburtsdatum vor dem 2. Januar 1961, erhalten Sie zwar die Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit. Doch auch für Sie fallen die Leistungen geringer aus als zuvor.

Wann eine Erwerbsunfähigkeit vorliegt

Bis zur Rentenreform galten Sie laut Definition der gesetzlichen Rentenversicherung nur dann als erwerbsunfähig, wenn Sie anlässlich einer Behinderung oder Krankheit auf absehbare Zeit nicht in der Lage waren, eine Erwerbstätigkeit regelmäßig auszuüben und hieraus ein Einkommen oder Arbeitsentgelt zu erzielen, welches monatlich 322,11 Euro überstieg.

Heutzutage wird durch einen Arzt des Rentenversicherungsträgers festgestellt, wie viele Stunden am Tag Sie mit Ihrer Behinderung oder Krankheit noch arbeiten können. Der Mediziner geht bei seiner Einschätzung von einer 5-Tage-Woche aus und prüft Ihre Leistungsfähigkeit in allen beruflichen Tätigkeiten, nicht nur in Ihrem bisherigen Beruf. Können Sie auf nicht absehbare Zeit lediglich weniger als 3 Stunden arbeiten, steht Ihnen die volle Erwerbsminderungsrente zu. Können Sie hingegen zwischen 3 und 6 Stunden arbeiten, so sind Sie teilweise erwerbsgemindert und haben Anspruch auf eine Rente in Höhe der Hälfte der vollen Erwerbsminderungsrente.

Bevor Sie jedoch in den Genuss einer Erwerbsminderungsrente kommen, prüft der Rentenversicherungsträger, ob Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder der medizinischen Rehabilitation in Betracht kommen. Inwiefern sich durch diese Maßnahmen eine Erwerbsminderungsrente vermeiden oder hinauszögern lässt, wird durch den sozialmedizinischen Dienst des Rentenversicherungsträgers eingeschätzt.

Voraussetzungen für einen Rentenanspruch

Sie können eine Rente wegen verminderter Erwerbsunfähigkeit nur dann beantragen, wenn Sie folgende Kriterien erfüllen:

  • mindestens 5 Jahre lang Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung
  • in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge geleistet

Ausnahmen hiervon gibt es lediglich für behinderte Menschen und Versicherte, welche infolge eines Arbeitsunfalls erwerbsgemindert wurden.

Als erwerbsgeminderter Berufsanfänger zählen Sie hingegen nur, wenn Sie

  • innerhalb von sechs Jahren nach dem Ende der Berufsausbildung voll erwerbsgemindert sind und
  • in den letzten zwei Jahren vor der Erwerbsminderung mindestens zwölf Monate lang Pflichtbeiträge in die gesetzliche

Rentenversicherung geleistet haben. Dieser Zweijahres-Zeitraum lässt sich um Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres um bis zu sieben Jahren verlängern.

Erwerbsunfähigkeitsrente mit erheblich reduzierten Leistungen

Wie hoch die halbe oder volle Erwerbsminderungsrente ausfällt, berechnet sich nach den gleichen Regeln wie Ihre Altersrente. Die Basis bilden die im Laufe Ihres beruflichen Werdegangs in die Rentenversicherung eingezahlten Beiträge. Hinzu kommen aber auch Berücksichtigungszeiten (z.B. aufgrund Kindererziehung) sowie Anrechnungszeiten (z.B. wegen Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit oder Fachschulausbildung).

Erwerbsgeminderte Arbeitnehmer müssen aber wie bei der Altersrente mit Abschlägen bei vorzeitigem Bezug der Erwerbsminderungsrente rechnen. Diese beläuft sich auf monatlich 0,3%, insgesamt jedoch höchstens 10,8%. Ungeachtet dessen fallen die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung sehr niedrig aus. So entspricht die halbe Erwerbsminderungsrente etwa 10% bis 20% des letzten Bruttoeinkommens. Im Falle einer vollen Erwerbsunfähigkeitsrente gewährt Ihnen der Staat Zahlungen von bis zu 40% Ihres letzten Bruttoeinkommens.

Rechenbeispiel:

Sofern Sie vor Eintritt der Berufsunfähigkeit 3.000 Euro brutto im Monat erzielten und vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, können Sie bei Verlust Ihrer Arbeitsfähigkeit und einer BU-Rente von 30% mit 900 Euro brutto rechnen. Sind Sie nach diesem Datum geboren und gewährt die gesetzliche Rentenversicherung die durchschnittliche BU-Rente von 15% bis 17,5% auf Ihr letztes Bruttogehalt, erhalten Sie 450 bis 525 Euro.

Diese Zahlen verdeutlichen, welche finanzielle Lücke ohne eine eigene private Vorsorge droht. Werden zusätzlich die erwähnten strengen Voraussetzungen berücksichtigt, die an die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente geknüpft werden, so wird eine private Berufsunfähigkeitsversicherung unverzichtbar.

Gründe für eine private Berufsunfähigkeitsversicherung

sparen für Berunfsunfähigkeitsversicherung
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Die Reform der gesetzlichen Rentenversicherung verbunden mit den erheblichen Leistungskürzungen haben dazu geführt, dass eine private Berufsunfähigkeitsversicherung stark an Bedeutung gewonnen hat. Dies ist nicht weiter verwunderlich, zumal diese Vorsorge eine Vielzahl an Vorteilen mit sich bringt.

Für die private Berufsunfähigkeitsversicherung spricht etwa, dass der Großteil der Tarife auf eine abstrakte Verweisung verzichtet. Demnach können Sie bereits dann mit den vereinbarten Leistungen rechnen, wenn Sie Ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit nicht mehr nachgehen können. Sie müssen somit nicht jede beliebige Tätigkeit akzeptieren, wie dies etwa die gesetzliche Rentenversicherung verlangt. Die volle Leistung ist bereits ab einer diagnostizierten Berufsunfähigkeit von 50% vorgesehen. Um eine drohende Versorgungslücke vollständig schließen zu können, ist die Vereinbarung unterschiedlicher Rentenhöhen mit dem Versicherer möglich.

Außerdem punkten leistungsstarke Berufsunfähigkeitsversicherungen durch eine flexible Vertragsgestaltung sowie erweiterten Leistungen. Hierzu zählen etwa:

  • Nachversicherungsgarantie: Erhöhen Sie nachträglich die BU-Rente ohne erneute Gesundheitsprüfung bei Eintritt bestimmter Ereignisse wie Eheschließung, Geburt eines Kindes oder Hausbau.
  • Wiedereingliederungshilfe: Nehmen Sie später erneut einer berufliche Tätigkeit auf, erhalten Sie einmalig einen Betrag in Höhe von zwei oder drei BU-Renten.
  • Soforthilfe: Geht die Berufsunfähigkeit auf einen Unfall zurück, leistet der Versicherer einen Einmalbetrag in Höhe von zwei oder drei Monatsrenten.
  • Überbrückung von Zahlungsschwierigkeiten
  • Leistungen im Pflegefall
  • Keine Pflicht zur Umorganisation von Selbständigen, falls dies erhebliche finanzielle und wirtschaftliche Folgen nach sich zieht.